Der Ort Maišiagala liegt etwa 28 km nordwestlich von Vilnius. In den schriftlichen Annalen der Preußen wird der Ort ab Mitte des 13. Jahrhundert erwähnt, und etwas später gehörte dieses Gebiet dem litauischen Großfürsten Algirdas. Es gibt jedoch Hinweise, dass hier bereits in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends n. Chr. Menschen gelebt haben. Dies bezeugen der am südwestlichen Rand von Maišiagala gelegene Burghügel und die an seinem Fuß gefundenen Siedlungsreste.
Die Burghügel in Litauen erinnern an die große Vergangenheit des Volkes. Es wurde nicht einzeln angelegt, sondern bildeten ein durchgängiges, recht dichtes Netz von Wehrbefestigungen des Staates. Die Holzburg von Maišiagala gehörte wahrscheinlich zum inneren Ring der Burgen von Vilnius. Diese Zeit, als die erbitterten Kämpfe um die Freiheit und den Glauben stattfanden, benennen die Historiker als Blütezeit der Burghügel Litauens. Innerhalb von fast 40 Jahren unternahmen die Kreuzritter 96 Feldzüge nach Litauen und vernichteten 22 Burgen! Als Antwort auf die Angriffe der Kreuzritter unternahmen die Litauer 50 Feldzüge und vernichteten 17 Burgen der Kreuzritter. Dies war das besondere Verdienst des letzten heidnischen Großfürsten Litauens Algirdas und seiner Männer.
Der Burghügel von Maišiagala wurde 1992 als architektonisches, historisches und landschaftliches Erbe von staatlicher Bedeutung anerkannt. Zehn Jahre später (2002) wurde am südwestlichen Fuß des Burghügels zu Ehren des litauischen Großfürsten Algirdas ein Denkmal errichtet. Der mitunter als Eroberer bezeichnete Algirdas förderte während seiner Regentschaft das Wachstum der Städte, den Handel, die Kultur und brachte Litauen auf den Weg zu einem zentralisierteren und stärkeren Staat.
Jedes Jahr zum Herbstanfang wird in Maišiagala das Fest des Fürsten Algirdas gefeiert. Nach der Heiligen Messe in der Kirche des Ortes werden die Teilnehmer zu einer Prozession in Richtung des berühmten Burghügels eingeladen. Hier finden Auftritte von Musikensembles u.a. statt. Das Volksfest setzt sich am Feuer bis in die späten Abendstunden fort.
1989 wurde in Maišiagala im Rahmen des 50. Jahrestages der Wiedererlangung des Vilniusser Gebiets ein Gedenkstein errichtet und ein Eichenwäldchen gepflanzt. Auf diesem 3 Meter hohen Denkmal befinden sich die Säulen des Gediminas und eine Inschrift über das für Litauen so wichtige Jubiläum eingraviert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Maišiagala wahrscheinlich die erste Kleinstadt im Vilniusser Gebiet war, in die am Morgen des 27. Oktober 1939 die Soldaten der litauischen Armee aus der Truppe Vilnius einmarschiert waren. Zu diesem Anlass wurde eine Radio-Sondersendung für die Bevölkerung mit Ansprachen sowie Volks- und Militärliedern ausgestrahlt. Am nächsten Tag marschierte die Armee nach Vilnius.
Der Burghügel
Der ausdrucksstarke, von seltenen Laubbäumen bewachsene Burghügel liegt am südwestlichen Rand der Kleinstadt, an einem Teich am rechten Ufer der Dūkšta. Den recht steilen, fast 18 Meter hohen Burghügel, der auch als Burg von BonaĮ bezeichnet wird, kann man über eine speziell befestigte Holztreppe besteigen. Das Plateau auf dem Hügel besitzt eine ovale Form: Seine Länge beträgt mehr als 60 Meter und seine Breite mehr als 40 Meter. Von hier aus eröffnet sich der Blick auf die schöne Umgebung.
Burghügel waren für unsere Vorfahren ein Ort zur Verteidigung gegen Feinde, um geistige Stärke und Konzentration zu demonstrieren. Man kann auf die ehrwürdige, für ruhmreiche Schlachten berühmte Vergangenheit Litauens zurückblicken. Zur Stärkung der Verteidigung wurde um den Burghügel von Maišiagala ein bis zu 4 Meter tiefer und bis zu 30 Meter breiter Graben gezogen, und hinter dem Graben wurde ein hoher (4 m) und breiter (25 m) Wall aufgeschüttet. Heute hat sich die natürliche Charakteristik dieses Burghügels (wie bei den meisten Burghügeln in Litauen) verändert, welches auf die über die Zeit verändernden Natur und den durchgeführten archäologischen Ausgrabungen zurückzuführen ist.
Bei Forschungen am Burghügel wurden eine nicht unerhebliche Kulturschicht, Gegenstände aus dem Leben der Menschen und Bauwerke entdeckt. Unter einer fast 2 Meter dicken Tonschicht wurden Strichkeramik, verschiedene Metallerzeugnisse, Instrumente sowie Schmuck gefunden, man stieß auf Fragmente abgebrannter Holzhäuser sowie Knochen von Tieren (Schafen, Schweinen und Katzen). Dies bestätigt, dass die Geschichte des Burghügels von Maišiagala auf das 1. Jahrtausend n. Chr. zurückreicht. Am Fuße des Burghügels lag eine Siedlung mit einer Fläche von einem Hektar, die nach und nach aufgegeben wurde. Zu Beginn des 2. Jahrtausends n. Chr. wurde der Burghügel erneuert: Eine Holzburg wurde errichtet, die für die in Richtung Vilnius ziehenden Kreuzritter im 13.–14. Jahrhundert eine echte Gefahr bedeutete.
Die Holzburg von Maišiagala fiel mehrmals Flammen zum Opfer und erhob sich später wieder aus ihrer Asche. Im 15. Jahrhundert wurde ihr Schicksal besiegelt, als der Deutsche Orden die Burg einnahm, mehr als tausend von Menschen gefangen hielt und die Burg niederbrannte. Danach wurde sie nicht erneut aufgebaut.
Am Fuße des Burghügels, neben dem Teich, wurde ein Rastplatz mit einem Holztisch und Bänken eingerichtet, der die Besucher zum Ausruhen und Genießen der Schönheit und Ruhe der Natur einlädt.
Das Denkmal für Fürst Algirdas
Nach alter litauischer Tradition sollte der Großfürst Algirdas nach seinem Tod im Šventaragis-Tal in Vilnius verbrannt werden. Einige Monate vor seinem Tod, im Jahr 1377, hatten die Kreuzritter jedoch die Stadt angegriffen, stark beschädigt und in Flammen gesetzt. Wahrscheinlich wurde auch der Šventaragis-Tempel dabei beschädigt.
Schriftliche Quellen belegen, dass die feierliche Beisetzung des ältesten litauischen Herrschers Algirdas in der Nähe der Burg von Maišiagala im heiligen Kukovaitis-Wald stattfand. Der letzte Herrscher Litauens, der Anhänger des alten baltischen Glaubens war, wurde zusammen mit seinem besten Pferd verbrannt. Man erzählt sich, dass der Fürst und sein Pferd mit Edelsteinen und Perlen geschmückt waren. Algirdas trug ein funkelndes purpurfarbenes Gewand, einen vergoldeten Umhang und einen Silbergürtel.
Nach alter Tradition glaubten die Litauer daran, dass sich durch das Verbrennen des Verstorbenen seine Seele aus dem alten Körper befreit und auf diese Weise seine Wiedergeburt beschleunigt wird. Man sagt, dass sich die Seele des Verstorbenen noch drei Tage um seinen Körper herum aufhält. Feuer – als wesentliche Lichtquelle auf Erden – löst den irdischen Körper auf. Auf diesem Weg befreit sich die Seele von ihm und kann auf die Suche nach einem neuen Körper gehen.
Im Jahr 2002, zum 625. Todestag des litauischen Großfürsten Algirdas, wurde am Fuße des Burghügels von Maišiagala ein Denkmal errichtet – eine aus Feldsteinen angefertigte Komposition, deren Gestalter der Bildhauer Domas Čiapas ist. Das Denkmal entstand Dank der öffentlichen Organisation der Algirdiečiai und der Nachfahren von Fürst Merkelis Giedraitis.