Geografischer Mittelpunkt Europas

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Nach dem geografischen Mittelpunkt Europas wird bereits mehr als 200 Jahre gesucht. Astronomen, Geografen, Mathematiker und Physiker legen recht unterschiedliche Berechnungen vor. Deshalb wurden Zeichen, die den Mittelpunkt Europas markieren, in Polen, der Slowakei, Belarus, Ungarn und Estland aufgestellt...

1989 jedoch haben Wissenschaftler des Französischen Nationalinstituts für Geografie mitgeteilt, dass sich der tatsächliche Mittelpunkt Europas laut neuesten Berechnungen in Litauen befindet – 26 km nördlich von Vilnius (in Richtung Molėtai), zwischen den Dörfern Purnuškės und Bernotai. Die französischen Wissenschaftler benutzten für ihre Berechnungen die Methode der Gravitationszentren, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Ermittlung des Mittelpunktes Europas eingesetzt worden war. Die Berechnungen wurden unter Berücksichtigung der geometrischen Besonderheiten der Konturen des europäischen Kontinents und des Verhältnisses zur Erdanziehungskraft vorgenommen.

Zur Würdigung dieser beeindruckenden Tatsache wurde 1997 auf einen Hügel, der den ermittelten Koordinaten (54 Grad 54 Minuten nördlicher Breite und 25 Grad 19 Minuten östlicher Länge) entspricht, ein 9 Tonnen schwerer Stein heraufgerollt, der heute den geografischen Mittelpunkt Europas markiert. 

Es ist ein sehr schönes Gelände mit einer Größe von 912 Hektar, welches Litauen passend repräsentiert, das seine Besucher nicht nur mit der wunderschönen Landschaft, sondern auch mit seinem einzigartigen Kulturerbe anzieht. Im geografischen Mittelpunkt Europas und seiner Umgebung befinden sich:

  • ein den Mittelpunkt Europas kennzeichnender Stein mit den eingraviert genauen Koordinaten
  • von den Staatsoberhäuptern der Republik Litauen gepflanzte Eichen
  • ein mit Marmor gedeckter Platz, der die Länder der Welt verzeichnet
  • ein Denkmal für die Europäische Union (Komposition von G. Jokūbonis) 
  • der Burghügel und Opferberg von Bernotai
  • der See Girija

In dem Blockhaus am Fuße des Hügels befindet sich das Informationszentrum und wer seinen Besuch am Mittelpunkt Europas für die Ewigkeit festhalten möchte, kann ein dies bezeugendes Zertifikat erwerben. Die Freilichtausstellung am Mittelpunkt Europas kann das ganze Jahr über zu jeder Tageszeit besucht werden. Außerdem befindet sich in der Nähe einer der ältesten Burghügel - der Burghügel von Bernotai. Die archäologischen Funde aus seiner Umgebung bezeugen, dass die Menschen hier bereits seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. gelebt haben. Einen Besuch wert ist auch der Opferberg – ein ehemals wichtiger mit der Religion und Mythologie zusammenhängender Ort.

 

Ein Symbol der Europäischen Union

2004 wurde zum Gedenken an den Beitritt Litauens zur Europäischen Union auf dem Hügel eine Komposition des Bildhauers Gediminas Jokūbonis aufgestellt. Es ist eine Säule aus weißem Granit mit einer goldbedeckten Sternenkrone, bestehend aus zwölf Sternen, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union symbolisieren. 

 

54°50’45’’ Nord – 25°18’23’’ Ost

Obwohl in Europa während der vergangenen zwei Jahrhunderte mehrere geografische Mittelpunkte des Kontinents bekannt gegeben worden sind, ist der von französischen Wissenschaftlern festgestellte geographische Mittelpunkt Europas in Litauen etwas Besonderes: Er wurde unter Anwendung einer speziellen und bis dahin nicht angewandten Methode ermittelt. Nach der Methode der Gravitationszentren, bei der der europäische Kontinent wie ein geometrischer Körper mit bestimmten Besonderheiten betrachtet wird, haben die Wissenschaftler des Französischen Nationalinstituts für Geografie 1989 die folgenden Koordinaten des Mittelpunkts Europas ermittelt: 54°50‘ nördlicher Breite und 25°19’ östlicher Länge.

Es ist wichtig zu wissen, dass zur Gewährleistung der Genauigkeit von Koordinaten eines konkreten Ortes auch die Angabe von Sekunde notwendig ist. 2004 haben die Wissenschaftler desselben Instituts die Koordinaten des geografischen Mittelpunkts Europas konkretisiert und detaillierte Berechnungen vorgelegt: 54 Grad 50 Minuten und 45 Sekunden nördlicher Breite und 25 Grad 18 Minuten und 23 Sekunden östlicher Länge – unweit des Dorfes Pašiliai, nördlich von Vilnius. 

Es sei gesagt, dass die Angaben über den in Litauen festgestellten geografischen Mittelpunkt Europas anerkannt und in das Guinness-Buch der Rekorde eingetragen worden sind. 

 

Der Burghügel und der Opferberg von Bernotai

Das unweit des Mittelpunkts Europas befindliche Bernotai ist ein Dorf, in dem heute nur 6 Menschen wohnen. Doch dieses Gebiet ist seit alten Zeiten bewohnt – davon zeugen der Burghügel mit Wall, die Überreste der Siedlung und die Grabstätte. Über den Ort gibt es schriftliche und anderweitige Quellen.

Der Burghügel ist ein auf natürliche Weise entstandener Hügel, auf dem Verteidigungsbauten und eine Kulturschicht, d.h. Belege für menschliches Leben, bestehen. In Litauen gibt es insgesamt etwa 1000 Burghügel. Es ist bemerkenswert, dass ihre Vielzahl eine der größten weltweit ist. Im Umkreis von 20 Kilometern um den geografischen Mittelpunkt Europas kann man beispielsweise mindestens 7 weitere Burghügel finden (bei Nemenčinė, Piliakiemis, Dubingiai usw.).

Der Burghügel von Bernotai ist einer der ältesten Burghügel in Litauen (ungefähr datiert auf das 1. Jahrhundert). Es ist ein länglicher, etwa 12 m hoher natürlicher Hügel, auf dem sehr wahrscheinlich eine Wehrburg errichtet wurden war. Der Burghügel liegt am See Girija, am Tal des aus ihm entspringenden Baches und ist von einem Schutzgraben umringt, was besonders typisch für Wehrbauten war. 

Nördlich vom Burghügel wurden die Überreste einer altertümlichen Siedlung gefunden. Bei archäologischen Ausgrabungen kamen Keramik- und Eisenschlacke zu Tage– in der Feuerstelle ausgebrannte und zu Stücken zusammengeklumpte Kohle und Schlacke, was vom Leben der Menschen in dieser Gegend aus dem 1.–12. Jahrhundert zeugt.Die Fundstücke werden heute im Litauischen Nationalmuseum verwahrt.

In Bernotai wurde ein Opferberg entdeckt. Es ist eine der meistverbreiteten Arten heiliger Orte in Litauen – ein Kultort. Auf Opferbergen wurde ein Altar für das ewige Feuer errichtet, das von Priesterinnen bewacht wurde. Solchen heiligen Orten begegnete man mit besonderem Respekt. Sie befanden sich meist an einem offenen Platz, neben anderen archäologischen Denkmälern, angrenzend an heilig erklärten Wäldern oder Flüssen. 

Solche Hügel werden auf Litauisch „alkakalnis“ genannt, wobei das Wort „alka“ mit dem Verb „alkti“ (Hunger leiden) in Verbindung gebracht wird. Diese Herkunft des Wortes zeigt die Verbindung des Opferbergs zur Konzeption der Opferung oder des Nährens der Götter. Die auf den Opferaltären oder unweit von ihnen gefundenen Knochen von Verstorbenen zeugen davon, dass dies tatsächlich ein Opfer- und Begräbnisort war.

Interessanterweise blieben die heiligen Orte selbst nach der offiziellen Einführung des Christentums in Litauen ein wichtiger Teil des spirituellen oder religiösen Lebens: Die Menschen versammelten sich hier, um für Gesundheit oder eine gute Ernte zu erbitten, nach dem Gottesdienst brachten sie Opfergaben, und Hirtenkinder stellten an diesen Orten alte Rituale nach, usw.


Adresse: Dorf Girija, Gemeinde Nemenčinė, Bezirk Vilnius