Die Strėva-Senke wird auch als „Sturzloch“ oder Karstloch bezeichnet und gilt als Schwester der „Teufelsgrube“. Es ist ein geheimnisvoller Ort, zu dem es eine Menge Legenden und Erzählungen gibt. In der Mythologie der alten Litauer wird erzählt, dass hier eine Kneipe der Teufel im Erdboden versunken ist.
Die Strėva-Senke liegt im Regionalpark Aukštadvaris, im Spindžius-Landschaftsschutzgebiet unweit des Dörfchens Strėva. Die eindrucksvolle Zahl der Pflanzen und Tiere sowie ihre Vielfalt verleihen dem Schutzgebiet eine Bedeutung, die über die Grenzen Litauens hinausreicht. Das Schutzgebiet ist ein von der Europäischen Gemeinschaft (EG) geschütztes Territorium von „Natura 2000“. Das Forstamt von Trakai beschäftigt sich hier kontinuierlich mit der Pflege, damit dieses Waldgebiet von staatlicher Bedeutung attraktiv für Besucher ist.
Wissenschaftler sind der Ansicht, dass es sich bei dieser Senke um eine Thermokarst-Senke handelt, die sich vor etwa 18.000 Jahren gebildet hat. Beim Abzug der Gletscher haben Sedimente und Ablagerungen einen abgespaltenen Eisblock bedeckt, nach dessen Abschmelzen sich ein Hohlraum in Form eines Beckens aufgetan hat. Die Senke besitzt eine Länge von 150 Metern und eine Breite von 100 Metern. Ein von riesigen Tannen gesäumter Weg führt zu der 20 m tiefen Grube. Der Aussichtsturm neben der Senke und der um sie herumführende Fußweg bietet die Möglichkeit, dieses Naturphänomen von allen Seiten zu betrachten. In der näheren Umgebung gibt es übrigens viele giftige Pflanzen!
Es ist erwähnenswert, dass es sich beim Spindžius-Wald um einen der alten Wälder Litauens handelt, der sich mit Bäumen hohen Alters rühmen kann. Hier strecken sich hohe Kiefern, Eichen und andere langjährige Bäume Richtung Himmel. Verschiedenartige Bäume sind hier sogar in vier Generationen vertreten. Und im alten Wald befindet sich ein separates und äußerst wichtiges Areal – ein Gebiet, das bisher noch nicht von menschlicher Aktivität geschädigt worden ist und wo eine große Wahrscheinlichkeit besteht, seltene, vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten anzutreffen. Hier gibt es Pflanzen, die nicht nur in Litauen, sondern auch in der Europäischen Union unter Schutz stehen.
Der Legendenschatz
Laut einer der bekanntesten Legenden befand sich an der Stelle der Strėva-Senke einst eine Kneipe, in der die Teufel ausgelassen feierten. An einem Tag zur Fastenzeit haben sie angeblich Hochzeit gefeiert. Beim ersten Hahnenschrei versank die Kneipe mit allen in ihr feiernden Teufeln im Boden. Die Ortsbewohner erzählen, dass selbst heute manchmal geheimnisvolle und seltsame Geräusche aus dem Erdfall aufsteigen. Heute sieht man auf dem Grund der Strėva-Senke quasi als Erinnerung an die Legende den Dachfirst eines Holzhauses emporragen.
Eine andere Legende berichtet von dem Vater einer Großfamilie, der die hier befindliche Kneipe zu oft besuchte. Einmal fand ihn seine Frau hier beim Gelage und versuchte ihn nach Hause zu holen. Als er sich weigerte, wurde die Frau zornig. Es stellte sich heraus, dass sie eine Zauberin war! Nachdem sie beschlossen hatte, ihren zechenden Mann und den Eigentümer des Wirtshauses zu bestrafen, ging die Frau auf den Weg und sandte einen Fluch aus. Die Kneipe und alle, die sich in ihr aufhielten, versanken plötzlich im Erdboden.
Man erzählt sich auch, hier habe sich einst ein großer Berg befunden, auf dem ein eindrucksvoller Kristallpalast stand. In diesem schönen Palast lebten die Teufel in Harmonie zusammen. Sie hatten ihre Arbeiten untereinander aufgeteilt und jeder wusste, was er zu tun hatte. Sie berieten, wen sie in Streit bringen wollten und mit wem ein unanständiger Streich zu spielen sei. Eines Tages konnten die Teufel nicht mehr teilen und gerieten miteinander in Streit. Alle vergaßen ihre Arbeiten und große Unordnung stellte sich ein. Als der Gott Perkūnas die Teufel unaufhörlich streiten sah, geriet er in Wut und schleuderte seine Blitze, die nicht nur den prächtigen Palast zerstörten, sondern auch alle Teufel in die Erde beförderten. Manche sagen, wenn man gut hinhört, kann man auch heute noch zornige Rufe und Streitereien hören.
Strėva – sravati
In der Umgebung der Strėva-Senke lassen sich Orte und Objekte finden, die mit dem Namen Strėva in Verbindung stehen. Interessanterweise wird das Wort Strėvamit dem sanskritischen Wort sravatiin Verbindung gebracht, das „fließen, strömen“ bedeutet. Erwähnenswert sind auch die Ortschaften Strėva oder Mūro Strėvininkai, der Burghügel Strėva, der Fluss Strėva, der quasi das erwähnte Wort sravatiaus dem Sanskrit verkörpert. In der Tat ist der Oberlauf der Strėva ein wunderschöner Schatz der Natur, der viele Seen und Quellen enthält.
Die Strėva ist ein von sumpfigem, recht dicht wachsendem Pflanzenwuchs gesäumter Fluss, der etwa 20 Seen miteinander verbindet. Der von Quellen gespeiste Fluss führt das Wasser nach Osten, d.h. der aufgehenden Sonne entgegen. Ein derartiges Phänomen symbolisiert in der litauischen Folklore die Sakralität des Flusses. Bereits seit alten Zeiten galt die Strėva als heiliger und besonderer Fluss. Die Ortsansässigen haben das in den Fluss abfließende Quellwasser besonders geschätzt.
Der „Grüne Weg“
Dieser Erlebnisweg verläuft entlang des Flusses Strėva und führt die Besucher auf einer Kreisroute durch den Spindžius-Wald. Er führt nicht nur zur Strėva-Senke, sondern auch zu anderen wichtigen Sehenswürdigkeiten und hilft dabei, sich in dieser mystisch anmutenden Umgebung nicht zu verirren...
Eine Überraschung des Grünen Wegs ist der Quellenhügel, aus dem sogar im Winter eisfreie Quellen austreten. Es ist ein recht seltenes Naturphänomen, das nicht nur aus natürlicher, sondern auch aus kultureller Sicht Wert besitzt. Die aus allen Richtungen herbeiströmenden Wasser speisen den Fluss Strėva und helfen beim Herausbilden von Sümpfen und Morast, woran die Bieber besonders Gefallen finden.
In der alten Volkstradition galten die eisfreien Quellen als heilig und man glaubte, ihr Wasser verfüge über heilende Kräfte. Es wird erzählt, dass erkrankte Einwohner dieses Wasser nach Hause trugen und Hirten damit ihre erschöpften Füße behandelten.
Besondere Aufmerksamkeit hat der Hügel „Königreich der Orchideen“ (lit.Orchidėjų karalystė) verdient.Auf dem kleinen Hügel findet man eine Plantage litauischer Orchideen! Hier haben besonders anfällige Orchideengewächse oder der Gelbe Frauenschuh einen Raum gefunden, der in Litauen und der Europäischen Union unter Schutz steht.
In der litauischen Folklore wird erwähnt, dass die Frauen im Altertum versucht haben, diese Blumen in ihren Blumengärten zu züchten - jedoch ohne Erfolg. Diese Pflanzen gelten bei den Menschen als launisch oder gar geheimnisvoll. Diesen „Schönheiten des Waldes“ sagte man magische Kräfte nach und die alten Frauen benutzten sie in der Volksmedizin sowie für die Wahrsagerei.