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In Alt-Trakai kann man ein Kloster besuchen, das noch zu Zeiten von Vytautas dem Großen, d.h. Anfang des 15. Jahrhundert, errichtet wurde! Beherbergt wurde das Kloster in der Heimatburg des Fürsten, die sein Großvater Gediminas – der Großfürst Litauens – noch viel früher errichtet hatte. Es wird erzählt, dass der damals in Kernavė residierende Gediminas einst in der Gegend um Alt-Trakai zur Jagd war. Die Gegend habe ihn so entzückt, dass er beschloss, an diesem Ort eine Burg zu errichten und sogar die Hauptstadt des Staates hierhin zu verlegen.
Vor Gründung des Klosters war die Burg von Alt-Trakai also die Residenz der Fürsten. Hier wohnten Gediminas, Kęstutis und seine Frau, die Priesterin Birutė, und ihr Sohn Vytautas, der in dieser Burg zur Welt kam. Nachdem Kęstutis mit dem Bau der Inselburg von Trakai begonnen hatte, begann die verteidigungstechnische und repräsentative Bedeutung von Alt-Trakai zu schwinden.
Weil er seine angestammte Burg schützen und pflegen wollte, lud Fürst Vytautas mit dem Segen von Papst Innozenz VII 1405 die Benediktiner ein, sich in ihr niederzulassen. Vytautas schenkte den Mönchen eine Dessjatine des Gutsbodens, ein Grundstück mit Gärten und 2 Seen, und ganz in der Nähe begann er mit dem Bau einer Holzkirche. Kurz darauf wurde die Gemeinde Alt-Trakai gegründet.
Das Benediktinerkloster in Alt-Trakai musste mehrmals umgebaut werden, weil der Holzbau verwitterte und außerdem bei einem Brand beschädigt wurde. Im 18. Jahrhundert entstanden an seiner Stelle die Mauergebäude des Klosters. Nach einiger Zeit wurde das Kloster jedoch geschlossen und die Benediktinerbrüder zogen nach Nesvyžiai.
Am Ort des alten Klosters wurde Ende des 19. Jahrhundert die heutige Kirche der Hl. Jungfrau Maria Heimsuchung Gottes und des Hl. Benedikt errichtet. Die architektonisch beeindruckende Kirche mit vier Türmen, die sich über der vorderen Fassade erheben, entzückt mit der für die Neogotik typischen Feierlichkeit. Die Besucher können die in der Kirche verwahrten Schätze besichtigen: die prächtigen Altäre mit Heiligenskulpturen, Staffeleigemälde, liturgische Utensilien und andere Kunstwerke.
Das Kloster in der Burg von Alt-Trakai
Anfang des 15. Jahrhundert hatte die Burg von Alt-Trakai ihre Bedeutung für die Verteidigung bereits seit einiger Zeit verloren, denn die Inselburg in Neu-Trakai (heute einfach Trakai) wurde errichtet und erhielt den Status der Hauptwehrburg. Also lud Vytautas der Große auf seine Heimatburg die Benediktinerbrüder aus der Stadt Tyniec in der Nähe von Krakau (auf dem Gebiet des heutigen Polens) ein.
Die Mönche pflegten eine kontemplative Lebensweise, maßen dem Gebet, Meditationen und anderen spirituellen Praktiken viel Aufmerksamkeit bei. Sie apostolierten auf dem ihnen zugeteilten Gebiet und hatten bei der Abtei eine Gemeindegrundschule gegründet.
Die Darstellung der Benediktiner und die Wertlegung auf Bildung unterstützt die Tatsache, dass es Ende des 18. Jahrhundert in der Bibliothek des Klosters 769 Bücher gab. Laut historischen Daten belief sich der Wert eines damals gedruckten Buches auf 8 Goldmünzen und bei einigen Büchern sogar auf 30 Goldmünzen.
Heute wohnen im Kloster in Alt-Trakai, das gegenwärtig den Namen Heimsuchung Gottes trägt, die Apostolischen Schwestern des Hl. Johannes. In der restaurierten mittelalterlichen Burg richteten sie ein Rekollektenhaus ein und laden nun die Gläubigen zur Teilnahme an katholisch-religiösen Konzentrations- und Meditationsübungen ein. Die Schwestern veranstalten auch andersartige religiöse Feste, sorgen für die lokale Jugend und hatten sogar die Teilnehmer des Bardenfestivals beherbergt.
Montag ist für die Apostolischen Schwestern des Hl. Johannes der sogenannte Wüstentag. Er ist der vollständigen Einsamkeit und dem stillen Gebet gewidmet. An den übrigen Wochentagen ist das Kloster geöffnet, der Gottesdienst wird abgehalten und das heilige Sakrament verehrt.
Die Kirche von Alt-Trakai
Am Ende des 19. Jahrhundert entstand nach einem Entwurf des Architekten Apolinaras Mikulskis aus dem Mauerwerk des ehemaligen Benediktinerklosters eine Kirche mit neogotischen Zügen, deren Türme der Hauptfassade besondere Grazilität und Größe verleihen.
Das Interieur der Kirche der Hl. Jungfrau Maria Heimsuchung Gottes und des Hl. Benedikt ist prächtig aber bescheiden. Die für die Benediktiner typische Ikonografie wurde beibehalten. In drei Kapellen und neun Altären kann man besondere Skulpturen und Gemälde bewundern. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Skulpturen des Hl. Augustinus und des Hl. Benedikt, die Seitenaltäre sind dem Hl. Benedikt und seiner Zwillingsschwester der Hl. Scholastika gewidmet.
Eines der wertvollen Werke bildender Kunst in der Kirche ist das im 18. Jahrhundert von Simonas Čechavičius gemalte Gemälde, das den Hl. Benedikt abbildet. Beachtenswert ist auch das Gemälde der Hl. Jungfrau Maria mit dem Kind, das im 17. Jahrhundert fertiggestellt wurde. Einst hing in der Kirche auch ein Porträt von Vytautas dem Großen...
Im Kirchhof steht eine Gebetsäule der Hl. Maria mit dem Kind. Es ist eine von 9 Gebetsäulen, die auf dem symbolischen Weg von Vytautas dem Großen geschaffen worden sind. Eine am Burgplatz von Alt-Trakai stehende Skulptur symbolisiert die schöne Mutterschaft und die Heimatverbundenheit. Oft gibt es auch die Anspielung auf die heidnische Priesterin Birutė, die ihren Sohn Vytautas auf dem Arm trägt.
Die Benediktinerbrüder
Die im 6. Jahrhundert gegründete Gemeinschaft der Benediktiner ist der älteste Mönchsorden der katholischen Kirche. Die Regula Benedicti– die Regeln des Hl. Benedikt von Nursia (Verhaltensnormen für christliche Mönche) – legten nicht nur für die Benediktiner, sondern überhaupt für das gesamte Klostertum der westlichen Kirche den Grundstein. Den Benediktinern ist die Suche nach Gott im Gebet, in Einsamkeit und Stille besonders wichtig. Der Ordensgründer selbst verbrachte drei Jahre seines Lebens in einer Wüste im Bergland Mittelitaliens. Jeder kennt das Motto des Hl. Benedikt: Ora et labora– „Bete und arbeite“.
Die Benediktinermönche, die nach den Regeln und dem Vorbild des Heiligen lebten, verbreiteten damals in Europa den christlichen Glauben und die christliche Zivilisation. Für die allgemeine Schaffung der christlichen Identität auf dem Kontinent wurde der Hl. Benedikt zum Schutzpatron Europas erklärt.