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Im Bezirk Trakai, in der Gemeinde Rūdiškės, liegt am Rande des nördlichen Ropėjos-Waldmassivs ein kleines Dorf mit dem Namen Gojus, das heute eine Gemeinde von 30 Einwohnern vereint. Der schöne Name des zwischen Kiefernwäldern in der Nähe des Sees Meduvys liegenden Dorfes bedeutet „kleiner Wald“. Schön ist nicht nur der Name, sondern auch die Umgebung des Dorfes, die als „Botanisches Naturschutzgebiet Ilgutis“ bekannt ist.
Das Herz des Dörfchens Gojus ist die Kapelle der Hl. Jungfrau Maria für die Gesundheit der Kranken (oder Kapelle der Gottesmutter für die Gesundheit der Kranken), mit deren Bau 1936 begonnen wurde. Eine besondere Bedeutung erhält diese Kapelle durch die in ihr aufbewahrten Reliquien – aufgrund ihrer besonderen Bedeutung besonders verehrte religiöse Objekte. Die wichtigsten sind das Gemälde der Gottesmutter Gesundheit der Kranken, das für seine wundersamen Kräfte bekannt ist, eine aus Kugeln angefertigte Monstranz sowie das 200-seitige Manuskript der Geschichte des Dorfes Gojus und seiner Kapelle.
Die heute unweit der Straße Vilnius–Druskininkai befindliche Kapelle gehört zur Gemeinde des Hl. Johannes des Täufers von Paluknys. Sonntags wird hier der Gottesdienst abgehalten. Man sagt, dass an der Kapelle von Gojus eine besondere Schwingung der Seele und ein Gefühl von Gottes Gnade zu spüren ist, was zum Glauben an die Barmherzigkeit und Fürsorglichkeit Gottes anregt. Beim Eintreten in die Kapelle empfängt den Besucher die Skulptur der Gottesmutter und damit ein unbeflecktes Empfängnis.
Neben der Kapelle von Gojus gibt es im Dorf ein Waisenhaus, das zum Kloster der Gemeinschaft des Hl. Johannes gehört. Man kann ein originales Tonhaus sowie den in Litauen ersten und einzigen japanischen Brennofen (Anagama) besichtigen. Im Sommer werden hier Anagama-Keramikfestlager veranstaltet, bei denen der Ofen befeuert und nach der ältesten Technologie gearbeitet wird.
Die Geschichte besagt
Die Geschichte des Dörfchens Gojus begann 1865, als der Eigentümer des Gutshofs von Aluona beim Dorf Apatiškės, der russische General Reklicki, beschloss, das ihm gehörende Waldgebiet – insgesamt ca. 100 Hektar – zu verkaufen. Holz wurde gesondert gekauft und den Großteil des Landes erwarben die Gebrüder Andžejevski und andere Familien. So begann sich allmählich eine Dorfgemeinschaft zu entwickeln.
Einem der Brüder in der Familie Andžejevski wurde im Sommer 1881 der zweite Sohn Alexander geboren. Auf seine Initiative wurde einige Jahrzehnte später im Dorf die Kapelle errichtet. Im Alter von 19 Jahren verlor Alexander seine Eltern. Bald darauf ging er nach Alt-Trakai, wo er die Grundlagen des Glaubens lernte. Später reiste er nach Krakau in das Kloster der Barmherzigen Brüder des Hl. Johannes von Gott. Alexander Andžejevski, der später zum Mönchsvater auf den Namen Vlodimiež geweiht wurde, lebte lange Zeit in Prag, Wien und Rom. Obwohl er oft auf Reisen war, besuchte er stets seine Heimat.
1936 wurde im Heimatdorf Gojus von Vater Vlodimiež mit dem Bau der Kapelle nach seinem eigenen Projekt im Josephinenstil begonnen. Innerhalb eines Jahres wurde eine kleine 2 m breite und 3 m lange sowie hohe Kapelle errichtet. Doch sehr schnell wurde ein neues Projekt zur Vergrößerung der Kapelle in Angriff genommen. 1939 wurde das Fundament der Kapelle geweiht und der dies bezeugende Akt ist in der Wand des Hauptaltars eingemauert.
Damals wurde in der Kapelle von Gojus ein Chor gegründet, die Jugend wurde in den Grundlagen des Glaubens unterrichtet und es wurde Aufklärungsarbeit geleistet. Um die Kapelle herum pflanzten Kinder 22 Linden und versprachen, sich um sie zu kümmern. Diese Bäume wachsen auch jetzt noch hier.
Das wundersame Gemälde
Die im Dorf Gojus befindliche Kapelle der Hl. Jungfrau Maria für die Gesundheit der Kranken wird von Pilgern nicht nur zum Beten, sondern auch zum Betrachten der in ihr aufbewahrten Reliquien besucht. Eines der wichtigsten Reichtümer der Kapelle ist das Gemälde der Gottesmutter für die Gesundheit der Kranken. Es ist die Nachbildung eines Gemäldes aus dem Kloster der Barmherzigen Brüder des Hl. Kreuzes in Vilnius (heute Kloster der Armenschwestern der Hl. Jungfrau Maria), das 1936 von Romualdas Varachovskis gemalt wurde. Es kann erwähnt werden, dass es in Litauen insgesamt etwa 30 Heiligenbilder gibt!
Das Gemälde der Gottesmutter für die Gesundheit der Kranken zieht die Besucher wegen seiner wundersamen Kräfte und der Gnade Gottes an. Das erste Gelübde wurde drei Jahre nach dem Erscheinen des Gemäldes in der Kapelle angehängt. Auf diese Weise dankte eine Frau aus dem Nachbardorf für ihre wundersame Genesung, die von einer Sonderkommission der Kirche bestätigt wurde. Seit 1940 findet am letzten Augustsonntag in der Kapelle von Gojus das alljährliche Ablassfest der Gottesmutter für die Gesundheit der Kranken statt.
Reliquien
In der Kapelle von Gojus wird eine besondere Reliquie aufbewahrt – eine Monstranz, die aus Kugeln, die den Körpern österreichischer, preußischer und russischer Soldaten entnommen wurden, hergestellt worden ist! Eine Monstranz ist das wohl wichtigste und prächtigste in der Kirche verwendete liturgische Gefäß, in dem während des Gottesdienstes oder bei Prozessionen das Heilige Sakrament respektvoll aufbewahrt wird. Dieses Kirchenutensil wird meistens aus Edelmetallen gegossen,und auf diese Weise wird dem Corpus Christi Respekt erwiesen.
Zu dieser berühmten Monstranz gibt es folgende Entstehungsgeschichte: Zur Zeit des Ersten Weltkriegs arbeitete Vater Vlodimiež (bürgerl. Name Alexander Andžejevski) im Krankenhaus des Klosters der Barmherzigen Brüder, das damals ein Lazarett war. Dorthin wurden in Gefechten verletzte Soldaten aus österreichischen, preußischen und russischen Truppen gebracht. Der Geistliche begann die während der Behandlung der Soldaten entnommenen Kugeln zu sammeln. Später wurde aus 88 Kugeln eine besondere 36 cm hohe Monstranz angefertigt.
In der Kapelle von Gojus wird das 200-seitige Manuskript „Chronik der Kapelle der Gottesmutter für die Gesundheit der Kranken“ („Kronika Kaplicy Matki Boskiej Uzdrowienia Chorych w Gaju“) aufbewahrt, in dem die Details zur Entstehung des Dorfes und die Umstände des Kapellenbaus recht ausführlich dargelegt werden. Ebenfalls gibt es darin wertvolle Informationen über liturgische Gegenstände u.ä.
Eine der interessanten Reliquien der Kapelle ist eine Uhr aus dem 17. Jahrhundert Auf ihr hat Vater Vlodimiež handschriftlich vermerkt: „Eine dieser Stunden kann dir gehören“.