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Das etwa 25 km nordwestlich der Hauptstadt Vilnius gelegene Maišiagala ist bekannt für seine besonders alte und ehrwürdige Geschichte. Schon um das 1. Jahrtausend n. Chr. war diese Gegend bewohnt. Dies belegt der hergerichtete und auf Besucher wartende Burghügel von Maišiagala. Die in den preußischen Annalen erwähnte Burg (auch Burg von Bona genannt) ist bekannt dafür, dass auf ihr eine Zeit lang der Großfürst Algirdas wohnte. Die Ortschaft Maišiagala ist berühmt für das Houvalt-Palais, in dem ein Zentrum traditioneller Handwerke seinen Sitz hat.
1989 wurde während des 50-jährigen Jubiläums der Rückgabe des Vilniusser Gebiets in Maišiagala ein 3 Meter hoher Gedenkstein aufgestellt. Maišiagala war anscheinend die erste Kleinstadt im Vilniusser Gebiet, in die am Morgen des 27. Oktober 1939 die Soldaten der litauischen Armee aus der Truppe Vilnius einmarschiert sind. Zu diesem Anlass wurde eine Radio-Sondersendung für die Bevölkerung mit Ansprachen sowie Volks- und Militärliedern ausgestrahlt. Am nächsten Tag marschierte die Armee nach Vilnius. Der lang erwartete Prozess zur Rückgabe des Vilniusser Gebiets nahm seinen Anfang.
Die Geschichte des Ortes Maišiagala hat besonders der Prälat Józef Obrębski geprägt, der hier etwa ein halbes Jahrhundert lebte. Der Geistliche war Priester in der Kirche der Himmelfahrt von Hl. Jungfrau Maria und hat etwa 50 Jahre – bis zu seinem Tod – in der nahegelegenen Gemeinde verbracht.
Seit 2013 gibt es im Pfarrhaus, das der Geistliche selbst im Scherz als Herrenhäuschen bezeichnete, ein Museum, das den Namen des Priesters und Prälaten Józef Obrębski trägt. Dort finden die Besucher seine persönliche Ausstellung mit weiteren erhabenen Persönlichkeiten der katholischen Kirche. Im Hof des Pfarrhauses befindet sich ein Ruheplatz, auf dem 2013 zu Ehren des Priesters ein Denkmal enthüllt wurde, das ihn selbst abbildet. Autor der in Polen gegossenen Bronzeskulptur ist Stefan Dousa.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Kirche der Himmelfahrt von Hl. Jungfrau Maria in Maišiagala – eine der ersten Kirchen in Litauen! Sie wurde 1387 auf Initiative von Władysław Jagiełło errichtet, nachdem das Großfürstentum Litauen die Taufe angenommen hatte. Heute lädt die helle Steinkirche zur Bewunderung der Architektur mit Zügen der Neorenaissance und Neogotik sowie zur Besichtigung der wertvollen Kunstwerke und Reliquien ein.
Der Priester und Prälat Józef Obrębski
An Józef Obrębski erinnern sich die Gläubigen mit besonderer Ehre. Der in Polen geborene Geistliche hat von seinen nahezu 80 dem Priestertum gewidmeten Lebensjahren etwa 50 in Maišiagala verbracht. Ihm wurden der Titel des Ehrenbürgers des Bezirks Vilnius und das goldene Kreuz „Für die Verdienste um Polen“ verliehen. Der als Patriarch des Vilniusser Gebiets bezeichnete Prälat Obrębski war einer der ältesten Priester der katholischen Kirche in Litauen und Europa. Er hat ganze 105 Jahre gelebt!
Der Priester Obrębski leistete sein ganzes Leben lang den Geistlichen und seinen Gemeindemitgliedern aufrichtig Hilfe. Er sorgte sich nicht nur um das spirituelle Leben, sondern auch um die Priester, die sich vor den Bolschewiken versteckten oder aus Sibirien zurückgekehrt waren und rettete Menschen vor der Deportation. Während der deutschen Besatzung hat er mehrere Dörfer vor ihrer vollständigen Zerstörung bewahrt.
Das Museum
Der letzte Wille von Prälat Obrębski war es, im Pfarrhaus einen Ort zum Gedenken an alle Priester und Nonnen zu schaffen, die der Verfolgung ausgesetzt waren oder ihr Leben im Namen des Glaubens opferten. In dem Museum, das im Juni 2013 für Besucher eröffnete, werden erhabene Persönlichkeiten der Kirche vorgestellt, verschiedene Artefakte, Dokumente und wichtige Archive ausgestellt, welche die schweren Zeiten für die Kirche im 20. Jahrhundert belegen.
Ein Teil des Pfarrhauses ist der Ausstellung über Priester Józef Obrębski gewidmet. In ihr werden das Leben des Priesters veranschaulicht und seine persönlichen Gegenstände gezeigt: Fotos, Möbel, Bekleidung, liturgische Bücher, die der Geistliche studiert hat, u.ä.
Das Museum befasst sich auch mit der Organisation von Kultur- und Bildungsveranstaltungen. Hier finden ständig Treffen, Diskussionen und Bildungsprogramme statt, zu denen nicht nur die Kinder und Jugendlichen der örtlichen Gemeinde, sondern auch alle Einwohner des Vilniusser Gebiets und Gäste eingeladen werden. Es wird dazu angeregt, gemeinsam über den Glauben sowie spirituelle Themen nachzudenken und Gedanken auszutauschen.
Der 19. März ist ein besonderer Tag für das Museum des Priesters und Prälaten Józef Obrębski – der Namenstag von Józef, der auch gefeiert wird. An diesem Tag wird ein Fest zum Gedenken an den Lebensweg des erhabenen Geistlichen veranstaltet und die Gäste werden vor Ort traditionell mit Pfannkuchen bewirtet. Jedes Jahr lädt das Museum zu Weihnachtsveranstaltungen ein und leistet einen Beitrag zur Organisation der internationalen Ausstellung „Vilnius – Stadt der Barmherzigkeit“.
Das Museum ist von Mittwoch bis Sonntag geöffnet. Es wird empfohlen, sich vor der Ankunft über die genauen Besuchszeiten zu informieren.
Die Kirche der Himmelfahrt von Hl. Jungfrau Maria
Nachdem das Großfürstentum Litauen die Taufe angenommen hatte, wurde 1387 in Maišiagala die Gemeinde der Himmelfahrt von Hl. Jungfrau Maria gegründet und eine der 7 ersten katholischen Kirchen errichtet. Die Kirche wurde mehrmals wiederaufgebaut, denn die russische Armee raubte sie aus und zerstörte sie. Bei einem Brand 1798 wurde sie zum Opfer der Flammen.
Die helle Steinkirche der Himmelfahrt von Hl. Jungfrau Maria, wie wir sie heute sehen, wurde 1865 errichtet. Ihre drei Türme sind von weitem sichtbar: Die zwei kleinen Seitentürme heben sich durch ihre pyramidenförmigen Dächer ab und vom breiteren Hauptturm aus rufen die Glockenschläge zum Gottesdienst. Die Architektur der Kirche von Maišiagala ist etwas eklektisch. Hier gehen die recht unterschiedlichen Stilmerkmale der Neorenaissance und der Neogotik harmonisch ineinander über.
Seit alten Zeiten werden in der Kirche wertvolle Kunstwerke und religiöse Reliquien aufbewahrt. Drei mit Lilienkompositionen verzierte Denkmalkreuze wurden auf Türme gehoben und im Innern der Kirche erwarten die Besucher drei Gemälde der Staffeleimalerei aus dem 18. und 19. Jahrhundert: „Maria mit dem Rosenkranz“, „Die Heilige Dreifaltigkeit“ und „Der Hl. Isidor“. In der Kirche sind 12 Skulpturen zu sehen. Es sind vor allem Kunstwerke mit Merkmalen des lokalen Barock aus dem 18. Jahrhundert, die Heilige abbilden: die Hl. Katharina, den Hl. Nepomuk, den Hl. Ignatius von Loyola u.a.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die 1579 geschaffene harmonische Skulpturenkomposition „Die Taufe Jesu“. Ein Teil davon stellt die Hölle dar, der andere – die Taufe des Gottessohnes.
Die Kirche der Hl. Maria Himmelfahrt gehört zum Dekanat Kalvarijos. Der Gottesdienst wird auf Litauisch und Polnisch abgehalten.